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Mit platten Reifen stand es jahrelang in verschiedenen Kellern. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal damit gefahren bin. Allerdings habe ich in jungen Jahren einige tausend Kilometer darauf abgespult. Nicht weil es das einzige damals war, oder weil es das Rad war, das ich von meinem Vater geerbt habe. Wahrscheinlich hat es genau aus diesem Grund all die Jahre in den Kellern überlebt. Zumindest waren die Keller trocken und der Stahlrahmen hat nicht zu sehr gelitten. 

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1. Elementarer Service

Dia Compe Bremsen fast baugleich zu den Maffac Racern

Aber es war ein sehr elementarer Service notwendig. Es ist nicht das erste Rad, das ich aufgebaut habe, aber das erste Rennrad. Vieles ist anders, als bei den Mountainbikes vorher, einiges einfacher, einiges komplizierter, und so manches unerwartet. 

Die Bremsen habe den schönen Namen Maffac Racer. Die Laufräder sind ebenfalls von Maillard mit hochflansch Naben und Stahlspeichen. 

2. Notwendige Ersatzteile

Neu, aber wieder klassisch: Vorbau und Lenker

Aus Sicherheitsgründen konnte ich neben den Reifen, der Kette und weiteren Verschleißteilen folgende Komponenten nicht beibehalten: Das Risiko eines Vorbau- oder Lenkerbruchs war mir bei den alten Teilen zu hoch. Hier habe ich entsprechende Retro Ersatzteile von Nitro bekommen, die sicher höherwertig sind als die originalen. Die Mechanik und die zentralen Seilzüge der Maffac Bremsen waren mir auch zu morsch - Bremsen müssen zu 100% funktionieren. Auch hier habe ich schöne Dia Compe Bremsen im alten Stil gefunden. Sie sind aufwendig geschmiedet und fast baugleich zu der alten Maffac Bremse. Die entsprechenden Bremsgriffe sind ebenfalls im alten Stil. Die Schalthebel waren vom Gummi her ebenfalls morsch und zum Teil stark verrostet. Über die Ersatzteile hierfür kann ich eine eigene Geschichte später erzählen.

3. Höhen und Tiefen

Der Ersatz für die defekte fünffach Kassette - nicht so leicht zu finden.

Teile austauschen und so hört sich ja erst einmal ganz einfach an. Aber bei dem ganzen Projekt gab es immer wieder Tiefschläge, die mich am ganzen Vorhaben der Renovierung zweifeln haben lassen. Das Rad musste erst einmal auseinander genommen werden. Der Vorbau mit der ein Zoll Verklemmung wollte nicht aus der Gabel. Mit viel Kraft und WD40 Lösungsmittel gab er nach. Die Kurbel wollte nicht vom Vierkant-Lager. Leider passten meine Kurbelabzieher nicht auf das Innengewinde der Kurbel mit einem 23,35mm Spezialmaß. Bei einem Spezialisten bei Ebay wurde ich fündig und habe so ein Werkzeug für 30€ bekommen, das super funktioniert, ich aber genau nur einmal verwenden werde. Das vierkant Tretlager ging von der linken Seite her einfacher auf. Hier befinden sich die Kugeln der Lager einzeln in den Schalen, genauso wie in den Steuerrohr-Lagern, den Nabenlagern und den Pedallagern. Das Säubern, entfetten, neu einfetten und schließlich montieren derselben ist zwar mit ein paar Tricks einfach, aber sehr Zeitaufwendig - und wehe es fällt einem eine Kugel runter. Die Kurbel war ab, aber das rechte Pedal wollte nicht aus der Kurbel. Alle Tricks angefangen von roher Gewalt, Lösungsmittel, Feile und Hitze halfen nichts. Ursprünglich wollte ich die Pedale durch moderne Klickis austauschen, geht nicht. Jetzt werden auch die restauriert, bekommen neue Käfige und Lederriemen. Um die hintere Nabe vernünftig warten zu können, musste der Zahnkranz runter. Früher wurden die Zahnkränze nicht auf die Naben gesteckt, sondern geschraubt. Es versteht sich von Selbst, dass hier einspezieller Zahnkranzabzieher notwendig ist. Die vielen km, unter anderem auch viele harte Steigungen haben den Zahnkranz sehr fest auf die Nabe gezogen. Beim Abschrauben passierte es dann. Das Gehäuse des alten Maillard-Teils gab nach und barst. Zum Glück ließ sich der Zahnkranz dennoch entfernen. Auch hier haben sich die Franzosen ein spezielles Gewindemaß von 37,4mm einfallen lassen. Das bedeutet, dass die Ersatzteile mit diesem Gewinde in der fünffach Version mit 25mm Höhe für die kleine Einbaubreite hinten von 124mm sehr selten sind. Ich habe zwei gefunden und der schönere der beiden passte wunderbar. 

4. Versiegelt und gefettet

Die Kurbel mit Spezial-Gewinde.

Bevor ich nun anfangen konnte, alle Teile zu montieren, habe ich den Stahlrahmen von innen hohlraumversiegelt. Alle alten Teile wurden mühsam gesäubert und aufpoliert. Alle Lager gut gefettet. Als Ersatz für die Schaltgriffe habe ich passende Alu Hebel gefunden. Beim Einstellen der Schaltung stellte sich aber heraus, dass sich die Rasterung der Hebel nicht auf die fünffach-Schaltung einstellen ließ. Es gibt keine fünffach-Schaltungen und keine passenden Hebel mehr. Auf die Lösung, Griffe mit Mikrorasterung, warte ich noch. Für die Bereifung habe ich Continental Classic Cross Reifen gewählt, die mir im Nachhinein nun doch zu grob und für den Einsatz auf der Rolle nicht geeignet erscheinen. Sie werde ich noch durch Grand Prix Reifen ersetzen. 

5. Abstriche

alte klassische Lenker-Schaltung statt Rahmen-Schaltung

Ein Wermutstropfen ist noch, dass das untere Steuerrohrlager ausgeschlagen ist, und die Lenkung nun in 25er Stufen einrastet (25 Kugeln im Lager).  

6. Schmakerl

Brooks-Sattel für den Komfort

 

Als kleines Schmankerl habe ich mir eine Brooks Leder-Sattel gegönnt, den ich fleißig einfette und natürlich noch einfahren muss. Na dann mal los.