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Peter Hruschka mit seinen Podiumsteilnehmern

Die Sonne scheint über den Dächern der Messehallen von München und lässt die OOP an ihrem letzten Tag (ok, morgen gibt es noch ein paar workshops) in einem strahlenden Licht erscheinen. Die Veranstalter haben (fast) alles richtig gemacht und jeder Teilnehmer geht mit einer positiven Bilanz nach hause. Auf dem feedback-board der OOP halten sich die post-it unter dem positiven und negativen Smily die Waage. Ich persönlich vermisse ein wenig mehr Gelegenheiten, sich an einen Tisch mit WLAN und Steckdose vielleicht auch mit mehreren Teilnehmern zusammen zu setzen. Die angebotenen Lounges sind zu klein und nicht ergonomisch. Aber, man braucht ja auch noch etwas, was man verbessern kann. Der kommende vierte Tag hatte aber dann noch ein paar richtige Kracher an board.

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1. 30 Jahre Peopleware

Die Vortragsserie am vierten Tag startet für mich mit einem echten Klassiker: Peter Hruschka moderiert eine Podiumsdiskussion mit den folgenden Teilnehmern: Claudia Schröder, Jutta Eckstein und Matthias Bohlen. Anlass ist die Neuauflage des Klassiker-Buches von Tom DeMarco und Timothy R. Lister mit dem Titel "Wien wartet auf Dich!". Laut Folie ist die originale Erstauflage mit dem Titel "Peopleware" vor 30 Jahren erschienen. (Meine Recherchen ergaben das Jahr 1987.) Neben den bereits genannten Kandidaten waren auch die beiden Autoren anwesend, wenn auch nur per Videobotschaft. Das originale Werk ist um 6 zeitgemäße Kapitel erweitert worden, um so erstaunlicher ist aber, dass die restlichen Kapitel kaum an Relevanz verloren haben. Genau um die Feststellung, was hat sich seither verändert, wird nun diskutiert, wobei Peter Hruschka das weit gesteckte Feld auf vier Themenblöcke eingegrenzt hat:

  • Outsourcing / Offshoring Distribution
  • Zersplitterung der Arbeitszeit
  • Dokumentation
  • Management Stil / Leadership.

Zum Thema "verteiltes Arbeiten" hat sich Timothy R. Lister per Video und einem Vergleich eines Projekts mit einer Mandarine gemeldet. Seine Forderung: Wenn schon verteilt arbeiten, dann sollte jedes Team seine eigene (sub)project ownership haben. Allgemein wurde festgestellt, dass nur noch selten aus Kostengründen verteilt gearbeitet wird. Um der Zersplitterung der Arbeitszeit entgegen zu wirken, sollte man Maßnahmen aus dem GTD-Paket von David Allen für seine Arbeitsweise entdecken. Das war die Meinung fast aller Podiumsteilnehmer. Im dritten Block über "Dokumentation" war man einhellig der Meinung, dass miteinander reden effektiver ist als gegeneinander schreiben. Große schwerfällige Dokumentation wird oft aufgegeben zugunsten einer kleinteiligen, spontanen Dokumentation mit kurzer Lebensdauer. Zum Thema "Management Stil" hat sich Tom DeMarco per Video gemeldet mit den Thesen:

  • Coaching is bread and butter of leading.
  • The better coach is a pear manager.
  • The white space between project managers becomes more important to a compony.

2. Keynote: An agile challenge

Michael Mah und Andrea Gelli in ihrer Keynote

In seiner Keynote hat Michael Mah zusammen mit Andrea Gelli über die Fortsetzung der Studie aus dem letzten Jahr über die Auswirkung der Agilität auf Projekte berichtet. Sieben Europäische Firmen sind mit ihren Projekten gegen die Studienergebnisse von Columbus, Ohio angetreten. Der Wettbewerb ist unentschieden ausgegangen: In Europa waren die Teams im Verhältnis kleiner und konnten so kostengünstiger arbeiten. Dafür waren sie aber auch etwas langsamer als die amerikanischen Kollegen.

3. Keynote: Martin Fowler [Update]

Martin Fowler bei seiner Keynote auf der OOP

Zum Abschluss der OOP haben sich die Veranstalter einen absoluten Höhepunkt ausgedacht: Martin Fowlers Keynote. Sie hatte den Titel "Software Development in the 21st Century". Aber den Titel hatte sein Vortrag schon auf der letzten OOP. Er sagt dann selbst dazu, dass der Titel ganz praktisch ist, da er dann alles mögliche erzählen kann. Ich meine: Seine Fans werden trotzdem immer kommen. Sein souveränes Auftreten, seine Größe und die tiefe Stimme tragen natürlich dazu bei, dem Mann einfach alles zu glauben. Letztlich ist er aber durch sein Wissen und Engagement angefangen von Software Design Patterns hinzu Agilen Themen in fast allen Bereichen der IT präsent.

Er hat seinen Vortrag in zwei Themen gruppiert. Im ersten geht es um das Thema Refactoring. Den Inhalt hierfür kann man sehr gut auf seiner Website unter dem folgenden Link nachvollziehen. Die Quintessenz kann mit den beiden folgenden Sätzen zusammengefasst werden:

  • Refactoring makes adding and fixing features easier.
  • Economic is the only reason for refactoring.

Den Titel für den zweiten Teil hat er erst am Schluss der Keynote verraten, nicht zuletzt, weil er erst dann schlüssig einen Sinn ergibt.

  • Als agile Entwickler wissen wir einen großen Teil der Requirements noch nicht, wenn wir das Projekt beginnen. Das kann, wenn man nichts unternimmt, frustrierend sein. Eine Story des Backlogs soll aber als Konversation verstanden werden, oder wie hat es Peter Hruschka heute morgen so schön gesagt: Eine Story ist ein Gutschein für ein Gespräch. Das bedeutet aber auch, dass sich der Entwickler auch darum kümmern muss, die Domain-Sprache des Kunden zu verstehen und zu sprechen. Er muss sich hierfür Wissen aneignen.
  • Auf der Website darkpatterns.org sind eine Reihe von Techniken dargestellt, wie das Web seine Benutzer hereinlegen kann. Teilweise kann dies sogar vom Kunden verlangt werden oder schlimmer der Entwickler schlägt diese Techniken vor. Fowlers Antwort: Push back! As a developer become an advocate for your users.
  • Im Zeitalter der Ausspähung von User-Daten müssen developer dafür sorgen, dass gar nicht so viele User-Daten anfallen, die potentiell ausgespäht werden könn(t)en.
  • The internet should stay a free system. Fowler engagiert sich für die Aktion The day we fight back und ruft die Anwesenden zum Mitmachen am 11. Februar auf.
  • Last but not least: fight against the alienating atmosphere in internet. Gemeint ist, dass Entwickler Werkzeuge bereitstellen können, so dass es zu keinen Diffamierungen kommen kann (Kommentar melden), oder sollten solche festgestellt werden, ihren Beitrag zur Gegenwehr leisten. Das Internet soll frei von Diskriminierung werden.

Für die letzten beiden Punkte gab es vom Publikum Zwischen-Applaus. Als er dann den Titel für den zweiten Teil bekannt gab, "Not just code monkeys", war klar, dass von einem Entwickler mehr verlangt wird, als coden, project workflows, softskills, etc. Ein Entwickler soll sein Gewissen zeigen und umsetzen. Sein Vortrag erntete anschließend standing ovations.

Der zweite Teil seiner Keynote ist auf youtube hier zu sehen.

Anzumerken ist noch, dass nach der Keynote noch ein Vortrag von Gunter Dueck zu dem Thema "Komplexität oder Unfähigkeit? Wie Komplexität erzeugt werden kann..." statt gefunden hat, den ich leider aus Zeit-Gründen nicht besuchen konnte, der es aber sicher wert gewesen wäre.