"Die Komplexität wächst zunächst nur im Bauch. Es überkommt einen das Gefühl, dass es nun doch ein wenig viel wird. Die Anforderungen, nicht nur die von oben oder den Projekten, sondern auch die von mir an mich wachsen. Ich muss plötzlich mit immer mehr Leuten reden. Meine Produktivität scheint darunter zu leiden. Ich suche nach einem Gegenmittel. Finde keines. Suche Rat. Gehe auf die OOP und merke es geht vielen so. Die Komplexität ist angekommen." (unbekannter IT-ler)
Jutta Eckstein hat zu Beginn der ersten Keynote heute noch einmal darauf hingewiesen, wie sie dieses Thema versteht und warum es aktueller denn je ist. Jetzt ist es an uns, wie wir mit diesem Problem umgehen.
1. Keynote von Tim Mattson
Auf derselben Keynote hat Tim Mattson vorgetragen, dass der klassische Hardware-Software-Contract aufgekündigt wurde. Bisher hat sich die Hardware um die Performance gekümmert und die Software um den Rest. Mit der Möglichkeit auf der Hardware mehrere Prozessoren nutzen zu können, muss die Software sich damit befassen, wie die Ressourcen möglichst effektiv genutzt werden. Ein Lösungsansatz kann darin bestehen, die verwendeten frameworks anzupassen, ein anderer die Design Patterns nach Möglichkeiten der parallelen Verarbeitung zu durchsuchen und gegebenenfalls da, wo es möglich ist, durch neue Muster zu ersetzen, die von Grund auf diese Parallelität unterstützen.
2. Transformation zu Scrum
Vor der keynote habe ich zwei interessante Vorträge genossen: Im ersten haben Silvio Simone und Uwe Paesch von der Firma Bison über die Transformation ihres Unternehmes zu Scrum berichtet. Dies war notwendig, da 2011 vor der Transformation von sechs nur noch ein Release durchgebracht wurde, nach der Umstellung 2012 waren es dann neun von zehn. Die Aufgaben für die nun 13 Teams organisieren sich über ein firmenweites Backlog und den jeweiligen Teambacklogs. Eine wichtige Erkenntnis war, dass man sich nicht mit halben Sachen abgeben darf: die Theorie von Scrum muss zu annähernd 100 % gelebt werden. Die Qualitätskontrolle wurde in die Teams abgegeben. Der Administrative Aufwand wurde herunter gefahren und zum Teil durch bessere Kommunikation ersetzt. Die Productowner sind in ihrem Bereich Unternehmer, die für business needs, Ertrag und Kosten verantwortlich sind.
3. Kanban mit customer value und business value
Im zweiten Vortrag vor der keynote hat Matthias Patzak von Autoscout24 über deren Weg in die Agilität berichtet. Einer Herausforderung von einer nicht umsetzbaren Schätzung für ein Projekt folgten radikale Schritte (ich habe da noch die Folie mit dem Messer im Kopf). Das Ergebnis war neben einer stark reduzierten Spezifikation, dass sich autonome Teams in ihrer swimlane mittels physischer Kanban-Boards organisieren. Dank einer zero bug policy, einer geringen Abhängigkeit zwischen den Teams und continuous delivery können diese nun selbst bis zu 25 Mal am Tag releasen. Damit sich das alles rechnet wird jede Story nach einem customer value und dem business value bewertet. Erfahrungswerte hierfür liefern A/B Tests bzw. customer insights und ein discovery board. Mit diesen Methoden werden neue features entdeckt, validiert und dann skaliert.
4. Just enough testing
Die Mittagspause lässt sich wie immer auf der OOP gut für den Erfahrungsaustausch mit anderen Teilnehmern beim Essen oder aber auch der ein oder anderen Frage an Referenten nutzen, wenn sie einem zum Beispiel in der Fachmesse über den Weg laufen.
Nach der Mittagspause ging es dann Schlag auf Schlag. In dem ersten sehr interessanten Vortrag von Ralf Wirdemann mit dem Thema "Just enough testing" ging es um eine kritische Beleuchtung des Test Driven Developments (TDD). Nach einer plausiblen und untermauerten Abwägung des Für und Wider kommt Herr Wirdemann zu dem Ergebnis, dass
- eine 100% ige Testabdeckung nicht notwendig ist
- ein Test auf eine möglichst hohe Ebene in der Anwendung angewendet wird (z.B. Selenium)
- Unittests nur noch für die schweren Fälle gemacht werden und
- die Codequalität, Wartbarkeit und Nachhaltigkeit durch gute Programmierer ebenso umgesetzt werden können
Durch die Maßnahmen kann die Entwicklungszeit minimiert werden. Allerdings stellt der Referent seine Thesen aufgrund der Komplexität zur (anschließenden) Diskussion.
5. what? - so what? - what now?
In der zweiten keynote bietet Glenda Eoyang mit dem Thema "Adaptive Action: Meeting Tomorrow’s Challenges Today" Lösungsansätze, wie wir der Komplexität begegnen können. Sie hat es geschafft wie in ihrem Buch "Adaptive Action" (Coautor: Royce Holladay), die Problematik auf drei Fragen herunter zu brechen und auf die Art und Weise, wie wir mit den Antworten umgehen. Die drei Fragen lassen sich reduzieren zu: "what?", "so what?" und "what now?". Hilfreich bei der Bewertung der Antworten sind Patterns und die Kenntnis des "dynamical change" Prozesses. Einzelheiten dazu finden sich auf der Website http://www.adaptiveaction.org .
6. Web Apps mit GWT und AngularJS
Daniel Kurka von Google hat in seinem Vortrag sehr eindrucksvoll bewiesen, was heute schon alles mit Web-Apps möglich ist und dass sie einen vollwertigen Ersatz für viele herkömmliche Anwendungen bieten können. Highlights seiner Demonstrationen waren sicher der Guitar Amplifier im Webbrowser, Photo Booth im Webbrowser und ein von Java mit dem GWT portiertes Video Spiel.
In dem letzten Vortrag ist Marco Emrich für den erkrankten Christian Weyer eingesprungen und hat eine kleine Einweisung in das mittlerweile angesagte Javascript Framework Angularjs gegeben, welches eigentlich mehr ein Baukasten als ein Framework ist.
Datum 04.02.2014 / Text Thomas Steglich / Photo Thomas Steglich / Artikel als PDF ( KB) / tweet Artikel / feedback Formular.