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Open Arena auf der OOP 2013

Der dritte Tag auf der OOP 2013 wird für mich sicher mindestens so lang werden wie der zweite. Am Nachmittag habe ich die Qual der Wahl zwischen drei Vorträgen, die zur gleichen Zeit stattfinden und die mich alle drei interessieren. Die Themen heute: Agil und Dokumentation, verteilte Teams, Innovation und Generationenkonflikt, was bringt html5 (in der Zukunft), Platform- oder Service-Provider und Team-Motivation. Wieder ein bunter Mix, auf den ich genauer eingehen werde.

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1. Agile schadet der Dokumentation

Jörg Bächtiger startet seinen Vortrag mit dem Thema "Agile schadet der Dokumentation - Fahrenheit 451" mit einem Filmausschnitt aus "Fahrenheit 451", erschienen 1966. Nachdem die Zuhörer durch die Sirene der Feuerwehr darin geweckt wurden, unterbricht er den Film und stellt die Frage, ob er mit dem klassischen Vortrag fortsetzen soll oder ob das Publikum ein agileres, interaktives Herangehen an das Thema bevorzugen würden. Da es der erste Vortrag am Tag ist, scheinen einige noch nicht so agil zu sein, und eine knappe Mehrheit entscheidet für die klassische Version. Im Nachhinein war ich sehr dankbar dafür, da sein Vortrag meiner Meinung nach dato zu den besten der diesjährigen OOP gehört.

Die Präsentation ist sehr gut vorbereitet und basiert auf einem breiten Fachwissen und viel Erfahrung in der Thematik. Bächtigers Slides sind tadellos. Dass es über 300 waren, hat man nicht bemerkt. Seine angenehme klare Vortragsweise fesselt die Zuhörer bis zum Schluss, und das bei einem Thema, das doch relativ unbeliebt ist: Dokumentation. Jörg Bächtiger liefert Dokumentations-Modelle und Prozesse, die sich realistisch auch in agile Projekte integrieren lassen. Wie und in welcher Tiefe man diese umsetzt, kommt auf das Projekt, das Team und den Willen der Stakeholder an. Danke für diesen Vortrag.

2. Weltweite Entwicklung von OpenSource Systemen

Frank Müller berichtet in seinem Vortrag von seinen Erfahrungen in Projekten mit einer weltweiten räumlichen Verteilung der Team-Mitglieder und mit welchen Mitteln und Prozessen zum Beispiel OpenSource Projekte umgesetzt werden können. Es verwundert nicht, dass nicht nur aufgrund der Tatsache, dass es OpenSource Projekte sind, eine gewisse Portion Leidenschaft und Faszination dazu gehört, wenn man sich an solchen Projekten beteiligt. Vorteil ist sicherlich, dass sich solche Projekte dann aus sehr fähigen Spezialisten zusammen setzen, die das Projekt auch voranbringen. Es wundert auch nicht, dass Chat, Videokonferenzen und Kommunikation über vernetzte Medien eine große Rolle spielen, sowie feste Regeln notwendig sind, wie zum Beispiel enge Coding-Standards oder "merge only after at least two looks good to me". Die regelmäßig stattfindenden reviews würde man sich auch in so manch anderen Projekten wünschen. Wirklich neu ist, dass man nun so einen vernetzt arbeitenden Entwickler in Natura erlebt, der von seinen Erfahrungen erzählt.

3. Keynote: Generation iPhone

Vor dem Mittagessen steht noch die keynote von Masanori Fujita auf der Agenda. Hinter dem Thema könnte man einen Vortrag über mobile Systeme vermuten, es geht aber um Innovation und wie man Generationskonflikte überwinden kann, um Innovation zu ermöglichen. Herr Fujita versucht dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten, indem er extreme gegensätzliche Punkte darstellt, einmal mit Hut dann wieder mit Baseballcap. So macht er bewußt, dass unser kreativer Horizont sich mit fortschreitendem Alter verengt, und sich unter Umständen nur noch minimal mit dem noch weiteren einer jüngeren Generation überdeckt (Ja, es wurden mehr die älteren unter uns angesprochen). Das Wissen darum, soll nun helfen, über den eigenen Schatten zu springen.

4. What lies ahead for html5?

Krzysztof Szafranek versprach eingangs, dass nichts in seinem Vortrag komplizierter werde, als die Schreibweise seines Namens. Das hat er eingehalten. Für den eingefleischten Web-Entwickler hat er wenig neues über html5 erzählt (vielleicht auch, weil es da wenig zu erzählen gibt?). Dafür hat er aber sehr schön aus der Praxis der (Spiele-)Entwicklung auf der Basis von html5 berichtet, so dass es für den Zuhörer einfacher wird, Entscheidungen für die Plattform eigener Projekte zu treffen.

5. Keynote: The Coming of Age of Platforms

Das Auditorium während der keynote von Mary Poppendiek auf der OOP 2013

Um Plattformen geht es auch in der keynote von Mary Poppendiek. In ihrem lebhaften Vortrag legt sie dar, welche Fragen ein (Software-)Architekt stellen soll, damit er (und sein Produkt) erfolgreich ist (sind). Es sind die Fragen nach der Infrastruktur, den Sellers und Buyers, den Rules und den Benefits. Was unterscheidet einen Service Provider von einem Platform Provider? Auf der Platform wird der Service von anderen (nicht der eigene) zur Verfügung gestellt. Sie berichtet sehr authentisch von einigen erfolgreichen Platform-Providern und deren Werdegang. Ihre abschließende Frage ist: Do you want to be an app creator or a platform provider? Ich habe die Befürchtung, dass nun alle Platform-Provider werden wollen.

6. 7 Dinge: Wie man gute Teams großartig macht?

Sven Peters von der Firma Atlassian zählt sieben Dinge (Modelle, Prinzipien, Regeln) auf, die bei Atlassian so eingesetzt werden, dass gute Teams großartig werden. Was unter den folgenden 7 Dingen zu verstehen ist, kann aufgrund der hohen Transparenz der Firma relativ leicht im Web nachvollzogen werden: flow time, feed your brain, appreciation, report robot, eat your own dogfood, do a special day, experimentation time. Seine Ausführungen sind schlüssig. Die Anwendung der 7 Dinge verlangt aber viel Vertrauen auf beiden Seiten: Arbeitgeber und -nehmer. Und sie passen nicht unbedingt zur Kultur eines jeden Unternehmens. Aber auch hier kann man sich ja seinen eigenen Mix zusammenstellen und eine Anregung bilden sie allemal. Zu 100% bekommt man sie bei Atlassian, und das war sicher einer der Hauptgründe für den Vortrag.

Für mich geht wieder ein langer OOP Tag zu Ende, von dem ich sicher noch viel erzählen kann. Das aber an anderer Stelle.